Es war eine lange und wenig abwechslungsreiche Fahrt von Dunedin auf dem SH 1 gen Norden - das ist eine richtige Livestock Route: jede Menge Trucks mit Schafen. Neuseeland versorgt
offenbar die ganze muslimische Welt mit Schaffleisch. Anfangs gab es einen kurzen sehr malerischen Abstecher auf der kleinen Küstenstraße nach Karitane, und die letzten 150 km bin ich die Scenic Inland Route gefahren, etwas
dichter an den Bergen, auch ganz hübsch. Der Rest war plattes Küstenland mit bewässerten Weiden und Vieh, meist Schafen. Insofern also wieder typisches Neuseeland.
Der Nachmittag in Christchurch war sehr beeindruckend. Ich war doch nicht ganz darauf gefasst, was ich hier vorgefunden habe. Das riesige Areal der City ist zerstört vom Erdbeben
2011 und heute eine große reconstruction area. Manches ist schon wieder fertig, vieles noch Provisorium und der Rest Baustelle. Ich wurde an (Ost-) Berlin 1990 erinnert. Ich hatte mir das Ausmaß so nicht vorgestellt. Sehr
eindrucksvoll, doch macht es auch betroffen. Es gab hier mehr Tote als 9/11. Und alles wird später schöner sein als es vorher war. Also das zu sehen, gehört zu Neuseeland unbedingt dazu: Die positive Kraft, den Naturgewalten
mit neuen Zielen entgegen zu treten.
Das war also nun Neuseeland. Es ist ein schönes Land, reich an vielfältigen Naturschönheiten. Gerade diese Vielfalt auf relativ kleinem Raum ist es vielleicht, die Menschen
so anzieht. Es gibt hier Vulkane, Strände wie in der Südsee, Gebirge mit Schneebergen, Fjorde und viel Regenwald, und zwar den in den gemäßigten Zonen, also nicht den tropischen, mit Wasserfällen, Höhlen usw. All das macht Neuseeland zu einem Kaleidoskop
bunter Landschaftsformen. Aber alles ist doch recht klein und übersichtlich, sozusagen im Kleinfilmformat. Dazu gibt es eben auch weite Landesteile, die ganz stark von einer sehr einseitigen Landwirtschaft (Viehzucht, Holz)
geprägt sind. Das macht weite Teile des Landes sowohl auf der Nord- als auch auf der Südinsel recht eintönig.
Klar gibt es auch wirkliche Highlights. Ich rechne die Coromandel Peninsula dazu und natürlich den Milford Sound. Beides habe ich so sonst nirgendwo gefunden. Alles andere gibt
es woanders auch, meist großartiger und besser. Da sollte man also lieber die „Originale“ anschauen, auch wenn man dafür recht viel in unterschiedliche Weltgegenden reisen muss. Wir in Europa sind mit einer solchen Vielfalt
und einem solchen Reichtum an verschiedenartigen Landschaften und Landschaftsformen gesegnet, dass man deswegen kaum nach Neuseeland reisen müsste. Für Australier sieht das ganz anders aus: Die haben so etwas, was es in
Neuseeland gibt, nicht auf ihrem Kontinent. Kein Wunder, dass so viele Ozzis so gerne die Kiwis besuchen!
Ganz besonders aber dürfte sich Neuseeland erst für den Wanderer erschließen. Die Nationalparks sind vorbildlich mit Wanderwegen, gerade auch mit Weitwanderwegen, erschlossen. Gute Informationen und bestens ausgeschilderte Tracks machen sie zu einem Paradies für vergleichsweise ungefährliches Wandern; wirklich gefährliche Tiere gibt es hier nicht, keine großen Raubtiere, keine Giftspinnen, also alles "clean". Den Wanderern dürften sich noch ganz andere Seiten Neuseelands eröffnen, als ich sie auf solch einer Autorundfahrt überhaupt erleben konnte. Und ein Backpacker - Paradies ist es obendrein. Hier trifft Jugend wirklich jede Menge andere Jugend. Trotz mancher Vorbehalte, die ich hier geäußert habe, muss ich sagen: Dennoch ist Neuseeland samt seinen Menschen, die ich kennen gelernt habe, ein freundliches und irgendwie liebenswertes Land. Ich bin zwar kein enthusiastischer Neuseeland-Fan
geworden, aber ich habe diese Inseln schätzen gelernt. Es war eine interessante Reise. Ob man für all das um den halben Globus fliegen sollte, das muss jeder für sich selber entscheiden.
![]() |
Timaru Xmas |
Morgen geht es nun weiter nach Australien. Zunächst gibt es ein paar Tage „Pause“ in Sydney, im Sommer. Mich erwarten 30° am Wochenende. Wenn das kein schöner Advent werden
kann! Mit dem Blog werde ich auch etwas pausieren, ehe es dann nächste Woche in Tasmanien weiter geht.