Montag, 10. November 2014

Kauris und meer

Kauris kann man nicht essen, und im Gegensatz zu den seltenen Laufvögeln hier, den Kiwis (sie geben den Neuseeländern ihren Spitznamen) sind Kauris sehr gut sichtbar. Es sind riesige Bäume aus der Familie der Araukarien, auch Neuseeland-Kiefer genannt. Wegen ihres festen Holzes sind sie fast gänzlich abgeholzt. Nur im Norden finden sich noch Kauri-Wälder, die unter Schutz stehen. Der größte und bekannteste ist der Waipoua Kauri Forest. Dort kann man viele dieser Baumriesen, vor allem den mächtigen Tane bestaunen. Durch den Kauri Wald führt ca. 18 km lang die Küstenstraße 12 im Westen des Nordzipfels der Nordinsel Neuseelands, entlang der Kauri Coast. Genug der Belehrung, das kann man ja alles nachlesen. Es war sehr schön und sehenswert, siehe die Fotos. Dann bin ich nach Osten abgebogen in Richtung Bay of Islands, wo gleich neue Naturwunder auf einen warten.



Nördlich von Auckland wird es bald sehr ländlich und immer weniger besiedelt. Auckland ist definitiv nicht Neuseeland, denn es ist die dichtest besiedelte Region in ganz NZ. Ein Viertel alles Kiwis wohnen in Auckland und nahem Umland. Danach kommt nur viel, viel Landschaft. Sie ist hier im Norden durchweg vulkanisch geprägt. Die Bergformen zeigen schroffe Lavaspitzen. Wo Gestein zutage tritt, ist es entweder Lavastein oder verfestigte Asche. Das alles ist aber gänzlich grün überzogen und "weich" gemacht. Die Landschaft wirkt darum eher lieblich mit sattem Grün und derzeit im Frühsommer mit viel blühenden Bäumen. Es sind fast alles immergrüne Gewächse, Nadelhölzer, Araukarien aller Art, klassische Kiefern und natürlich die unverwüstlichen Fichten, letztere, wie überall auf der Welt, in großflächigen Plantagen. An vielen Bergen praktiziert man auch hier das mir aus Kanada bekannte "clear logging": Ein ganzer Berg oder Berghang wird komplett abgeholzt und wieder neu aufgeforstet (in Kanada in weit größerem Maßstab und ohne Aufforstung, es wächst schon wieder von alleine). Sieht nicht schön aus, gibts aber eben auch hier. Weit mehr ist die Landschaft aber vom Grün der Wiesen und Weiden geprägt. Oft sieht man Milchkühe und Rinder, aber keineswegs überall und in Mengen. In den Ebenen wird auf großen Flächen Heu geerntet, ohne dass weit und breit Vieh zu sehen ist. Auch die neuseeländischen Schafe sind zumindest hier kaum mehr zu sehen. Schafzucht lohnt sich wohl nicht mehr. Umso mehr dürfen die Wiesen blühen!


Was es nicht gibt: Felder mit Korn oder Mais. Trotz des ständigen Windes gibt es auch keine Windkraftanlagen. Ich habe hier noch keine einzige gesehen. Es gibt auch nur sehr wenige Stallanlagen, jedenfalls habe ich in all der rein ländlich geprägten Gegend nur ein oder zwei gesehen. Da frage ich mich, was die Landwirtschaft hier im Norden eigentlich produziert. Vielleicht haben die Neuseeländer das aber auch nicht nötig: Es leben ja nicht so viele Menschen hier. Das merkt man auch an den langen Straßenabschnitten zwischen den Siedlungen. 30 km liegen die Orte durchaus öfter auseinander. Dazwischen allenfalls einsame Höfe. Die Straßen sind gut ausgebaut, wahrscheinlich wegen der Touristen - für wen sonst? Noch ist Vorsaison, manche Rasthäuser und Kaffeebars haben geschlossen. Sogar das Visitor Center im Waipoua Forest war noch geschlossen und wurde gerade renoviert. Da war ich doch verblüfft. Denn immerhin, die wenigen Autos, die mir begegnet sind, waren meist Touristen (Mietwagen, Camper). Da war auf Coromandel entschieden mehr los. Hier an der Bay of Islands herrscht auch noch herrliche Ruhe. Zum Glück scheint alles geöffnet zu sein, aber heute, am Montag, ist hier praktisch nichts los. Wären hier nicht die vielen jungen Leute, bei denen die Bays of Islands besonders beliebt ist (auf jedes Hotel oder Motel kommt mindesten ein backpacker hostel...), wäre hier noch völlig tote Hose. Allerdings lässt die Infrastruktur von Restaurants und Sportangeboten, Exkursionen und Ozean-Aktivitäten auf jede Menge Tourismus schließen, der wohl um Weihnachten herum erst so richtig beginnen wird.



Umso mehr kann ich jetzt die wirklich eindrucksvolle Landschaft (wörtlich) in Ruhe genießen. Und das tue ich! Es blüht hier in den Gärten so vieles, sogar gibt es hier und da einen importierten Laubbaum, der in Blüte steht, wie z.B. die eine rote Kastanie, die ich heute gesehen habe. Absolut selten. Die Flora ist schon sehr verschieden von dem, was uns in Europa vertraut ist, auch von dem, was ich aus Australien kenne. Denn auch Eukalyptus fehlt, und ebenso die vielen Arten von Akazien, die es in Australien gibt. Insofern fällt schon auf, dass Neuseeland "anders" ist: Dicht bei Australien, und doch grundverschieden, auch von der indigenen Bevölkerung her gesehen. Die Maoris sind Polynesier wie die Hawaianer und haben mit den Aborigines nichts zu tun. Auf den ersten Blick wirkt die Landschaft sehr europäisch, aber auf den zweiten Blick sieht man, dass das überhaupt nicht stimmt. Denn eine Besonderheit gibt es hier im Norden, die wirklich einzigartig ist: Immer wenn die Straße oben auf einem Bergrücken verläuft, sieht man zumindest auf einer Seite den Ozean. So ist NZ wirkliche eine faszinierende Inselwelt - und ich stehe erst am Anfang mit mit meinen Entdeckungen!

Die Globalisierung allerdings lässt auch in Neuseeland die hippen Strandorte so aussehen, wie sie überall aussehen, und die Boutiquen sind auch überall die gleichen. Naja, das gilt ja auch für die westlich geprägten Großstädte in aller Welt. Zum Glück gibt es da die historischen Bauten, die vielen Städten in Europa ihr unverwechselbares Gesicht geben. Das gibt es ja so auch in Amerika nicht, und erst recht nicht im jungen Neuseeland. So scheint vieles gleich, und ist es dann doch nicht. Das erst macht den Reiz aus!

Allgemeine Betrachtungen aus. Bilder an - Hier gehts zum Webalbum.

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