Samstag, 13. Dezember 2014

Melbourne - heimliche Hauptstadt

Melbourne zeigt sich von seiner hochsommerlichen Seite: feinste Sonne, blauer Himmel, 30°. Fast zu heiß für die Stadt. Heute habe ich mich einfach treiben lassen. Der Federation Square, Melbournes zentraler Treff, bietet viel Gelegenheit zum Schauen und Staunen. Seine moderne Gestaltung, vor allem auch diejenige des Museums of Contemporary Art, waren anfangs umstritten. Inzwischen, also seit vielen Jahren ist der Platz gegenüber von Flinders Station, an der Queensbridge über den Yarra River und damit neben der Flaniermeile Southbank, die gute Stube Melbournes. Die hoch moderne Waterfront dagegen schafft es immer noch nicht, so recht aus dem toten Winkel der Stadt heraus zu kommen. Allerdings ist dort inzwischen ein wenig mehr los, als ich es vor 5 Jahren erlebt habe. Da war da alles tot. Jetzt sind wenigstens die Marina und die direkt angrenzenden Cafes belebt. Waterfront liegt einfach etwas abseits und kann keinen direkten Anschluss an die Southbank finden.



Noch etwas hat sich nicht verändert: Das italienische Viertel mit zig Restaurants an der Lygonstreet. Hab mich daran erinnert und die Gegend gestern Abend besucht. Gute Restaurants, sehr viel los. Und dieser Stadtteil Carlton grenzt unmittelbar an die Swanston Street. Damit liegt das Ibis hier nach wie vor ideal: Gegenüber ist der einmalige Victoria Market (MUSS man gesehen haben), Elisabeth oder Swanston St. bieten Tramlinien direkt durch die City Richtung Flinders St. und nach St. Kilda. Zwei Tramstops weiter stadtauswärts oder 850 m zu Fuß gelangt man zur Lygon St. Mein etwas negativer erster Eindruck kommt daher, dass das Ibis derzeit direkt zwischen zwei Baustellen liegt: Appartement-Türme werden errichtet. Aber das geht ja auch mal wieder vorbei.

Überhaupt die Tram. Sie ist das ideale Verkehrsmittel im CBD und darüber hinaus. Man kauft eine lesefähige Plastikkarte und lädt sie mit einem bestimmten Betrag auf. In meinem Fall sind das für drei Tage $18 plus $7 für die Karte. Damit kann ich dann so viel mit allen Verkehrsmitteln im Stadtgebiet herum fahren wie ich will. Die Tram kann so weit benutzt werden, wie sie fährt. Das reicht bis St. Kilda (will ich morgen hin) oder bis zum Melbourne Zoo. Da war ich heute, sehr nette Anlage. Außerdem gibt es natürlich immer noch die beliebte kostenlose Circle Line (35) die jeweils im und entgegen dem Uhrzeigersinn die City umfährt. Sie ist zwar nicht das schnellste Verkehrsmittel, aber dank der Erklärungen zu den Lokalitäten sehr informativ. Sonst nimmt man eben eine andere, direkte Tramlinie. Also Tramfahren ist in Melbourne ein Vergnügen.



Und dann gibt es natürlich auch noch den Melbourne Hook, eine Spezialität, die ich gerne mal als Autofahrer erlebt hätte: In der City muss man sich an dafür gekennzeichneten Kreuzungen zum Rechtsabbiegen (Achtung: Linksverkehr) ganz links außen einordnen auf gekennzeichneten Abbiegepunkten und darf dann vorweg einbiegen, wenn die gekreuzte Straße gerade wieder Grün kriegt. Klingt kompliziert, wenn man’s sieht, ist es ganz einfach - und dennoch drollig.

Zum Victoria Market könnte ich Romane schreiben. Man muss diesen täglich geöffneten Riesenmarkt [Korrektur: Montag und Mittwoch geschlossen] einfach mal erleben. Es gibt Lebensmittel aller Art, Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Spezialitäten aus aller Herren Länder, und riesige Hallen mit Non-Food, also Textilien, Schmuck usw. Es gibt nichts, was es hier nicht gibt. Gesäumt wird die Marktanlage von Imbisständen aller Art. Eine Fressmeile erster Ordnung. Man kann sich dort oder auch direkt im Markt versorgen und draußen essen; Tische, Stühle und Bänke stehen überall zur Verfügung. Ich habe gestern und heute dort Lunch gehabt mit frischen Austern, das Dutzend für $12, also so gut wie geschenkt. Habe noch nie so billig und gut Austern gegessen. Ich habe es auch gewagt, eine ganzes Dutzend zu verspeisen, obwohl die Dinger (köstlich, jamjamjam) als konzentriertes Eiweiß und Fett ganz schön im Magen liegen können. Egal, das Vergnügen ist für mich ja zeitlich sehr begrenzt. Sie kommen meist aus Tasmanien, was ja gleich gegenüber liegt. Sich an Austern fast über zu essen, also ich hätte nicht gedacht, dass das geht.

Cooks Cottage
Melbourne ist gewiss eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Ich sah einen Trupp Asiaten, Senioren, von einem jungen Geschäftsmann begleitet und alle mit Taschen unter dem Arm, die Werbematerial für Appartements enthielten, wie der Aufdruck besagte. Die neuen Wohntürme schießen hier nur so aus dem Boden, und es gibt offenbar dafür eine zahlungskräftige Kundschaft aus dem Ausland. Überhaupt: Melbourne wirkt sehr asiatisch von den Menschen her, mehr als Sydney, nach meinem Eindruck. Es ist ein sehr buntes Bevölkerungsgemisch, dass hier offenbar friedlich und auskömmlich zusammen lebt. Eine echte Weltstadt halt, die zum Bleiben einlädt. Wer nach Australien will, muss aber als Einwanderer einiges vorweisen können, junges Lebensalter, gesuchte Berufe - oder halt Kapital. Da ist Australien sehr strikt. Seine abweisende Flüchtlingspolitik (konservative Regierung) ist auch hier im Lande sehr umstritten, wie ich aus vielen vor allem kirchlichen Plakaten ersehen kann.

Melbourne Hook
Melbourne ist jedenfalls mit seinen vielen Parks, dem Yarra River und einer quick lebendigen Innenstadt, die auf eine Vielzahl kultureller Einrichtungen und Ereignisse hinweisen kann, eine sehr liebenswerte Stadt Australiens. Sie ist ruhiger als Sydney, auch sehr anders geprägt durch die vielen viktorianischen Bauten, aber eben auch eine tolle Stadt. Passt so recht zum Abschied von Australien!

Hier im Google Webalbum gibts alle Fotos aus Melbourne.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen