Sonntag, 7. Dezember 2014

Cradle Mountain Highlight

Samstag, 06.12.2014

Ich fange heute mit dem Erzählen an und lasse die Fotos erstmal beiseite. Es sind so viele geworden, dass ich sonst zu nichts anderem mehr komme. Allein in diesen wenigen Tagen in Tasmanien habe ich fast so viel fotografiert wie in den drei Wochen in Neuseeland zusammen. Das sagt schon einiges aus. Das Wetter ist weiterhin sehr regnerisch, aber das macht mir inzwischen kaum mehr etwas aus. Es gibt immer wieder Aufhellungen und Lichtblicke, und was man dann zu sehen kriegt, ist überwältigend schön. Und der Regenwald gefällt mir sowieso mit Regenrauschen am besten, so wie jetzt gerade.



Ich bin meinem privaten SPA entstiegen, wohlig entspannt und gewärmt, habe auf dem Bett gelegen, dem Feuer im Kamin zugeschaut und dabei hinaus in den dichten Urwald geblickt, der sich direkt von der Terrasse meiner Cabin aus erstreckt, und dem Rauschen im Blätterdach oder dem Trommeln der Tropfen auf dem Vordach gelauscht. Perfektes Wohlgefühl, zu dem ein Gläschen Port durchaus beiträgt, wunderbare Entspannung, die Freude über das Licht, das über die Blockhütte hinweg in den Wald leuchtet. Ab und zu sehe und rieche ich einen schwachen Rauchschwaden, der vom Schornstein her in den Wald gelenkt wird. Die Terrassentür steht offen, denn sonst hätte ich hier drinnen eine Sauna. Die beiden Rabenvögel, die hier immer auf der Terrasse betteln, sind auch für eine Weile verschwunden: Gibt nichts. Es sind die Tasmanischen Currawongs, intelligent und elegant wie alle Rabenvögel. Die Wallabies haben sich heute vor dem Regen weitgehend verkrochen.



Morgens dachte ich: Wie schade, dass ich von dem gewiss wunderschönen Cradle Mountain National Park, auch von den Cradle Mountains selber, so gut wie nichts zu sehen bekomme. Ich hatte mir einige kleinere Wege durch den Regenwald in der Nähe der Lodge ausgesucht, nicht zu lang, damit ich nicht zu nass würde. 10° Außentemperatur, immerhin kein Frost und Schnee, den es hier auch im Sommer geben kann. Ich musste noch etwas im nahen Visitor Centre in Erfahrung bringen und fuhr die 2 km mit dem Auto dort hin. Eigentlich wollte ich dann brav den gratis Shuttle Bus benutzen, aber weil es so schüttete, habe ich darauf verzichtet und bin langsam die 8 km lange schmale, gewundene Straße in den Park hinein gefahren. Wenigstens vom Auto aus wollte ich ein bisschen was sehen. Die Landschaft mit ihrem Bewuchs ist total eigentümlich. Gerade die Bäume, Tasmanische Pinien (Huon Pines) ebenso wie Myrtle Beeches, sind endemisch, dazu viele Arten von Eukalyptus (Gum Tree). Das Buttongras auf den weiten Talflächen ist sehr malerisch, es blühen unzählige Sträucher und Büsche. Viele der hier vorkommenden Baumarten gibt es so ähnlich in Südamerika („Südbuche“) und in Südafrika. Das weist auf die gemeinsame Herkunft aus Gondwana hin, dem einstigen südlichen Superkontinenten einschließlich der Antarktis. Auch Australien gehörte dazu, hat sich aber schon früh davon gelöst. Darum sind auch die Ähnlichkeiten zwischen Tasmanien und Australien geringer als beispielsweise zwischen Tasmanien und Südafrika, was die Flora angeht. Bei der Fauna ist es genau anders herum. Auch in Tasmanien gibt es die Säugetiere ausschließlich als „marsupials“, als Beuteltiere wie Kängurus, Walabies und auch den Tasmanischen Devil.



All das kann man sehen, wenn man nur die Straße entlang fährt. Sie endet an einem nicht zu großen Parkplatz oben am Dove Lake. In der Hochsaison wird die Straße für den Privatverkehr gesperrt, wenn die kleinen Parkplätze voll sind. Dann nimmt man den Shuttle Bus, der derzeit 20 minütig verkehrt und verschiedene Haltepunkte bietet. Einen solchen gibt es auch beim „Waldheim“, dem Privathaus des Österreichers Weindorfer, der vor gut 100 Jahren (1911) die Initialzündung dafür gab, das Cradle Mountain der erste Nationalpark Tasmaniens wurde. Damals war Tasmania noch verrufener als Australien, das erst wenige Jahrzehnte vorher (bis 1870) keine Sträflinge mehr aufnehmen musste. Nach Tasmanien in die Arbeitslager kamen ehedem diejenigen britischen Sträflinge, für die selbst Australien noch zu gut war. Da war es für Weindorfer schon recht verwegen, die Welt für die Naturschönheit von Tasmanien begeistern wollen. Seine Beharrlichkeit hatte Erfolg. Cradle Mountain NP ist ihm und seiner Frau und vielen Freunden zu verdanken. Ich habe sein Haus, ein kleines Museum, kurz besucht und bin den „Weindorfer Walk“ direkt hinter dem Haus gegangen. Er würde sich wundern und sicher freuen, was heute aus dem Nationalpark als Weltnaturerbe (seit 1982) geworden ist! Cradle Mountain ist der meist besuchte Nationalpark Tasmaniens.



Als ich dann am Endstation - Parkplatz angekommen war, hatte es aufgehört zu regnen. Es gibt einen sehr schönen Rundweg um den Dove Lake am Fuße des Cradle Mountain. Da der Weg sehr gut befestigt ist und auch heute durchaus begangen wurde, wollte ich es wagen, die 6 km in Angriff zu nehmen, immer gewärtig umzukehren, wenn das Wetter wieder schlechter werden sollte. Aber oh Wunder, die Wolken rissen auseinander, Blaues kam zum Vorschein, und sogar die charakteristischen Spitzen des Cradle Mountain Massivs lagen klar im Sonnenschein! Es wurde rasch warm, ein unglaublicher Duft all der blühenden Sträucher breitete sich aus, und der See zeigte sich mit blauer Oberfläche!



Es war wirklich einfach wunderbar. Ich traf unterwegs Carsten, einen alleinreisenden Abenteurer, mit dem ich dann zusammen gegangen bin. Wir haben den Weg noch kräftig ausgeweitet und sind eigentlich alle Sehenswürdigkeiten abgelaufen und rauf geklettert (Lake Lilla, Wombat Pool, Crater Lake), die es hier als Tageswanderungen zu machen gibt. Sogar ein Stück auf dem „Highlander“ sind wir gegangen, der als Mehrtageswanderung gut 80 km hinüber zum Lake St. Clair führt, alles durch Nationalpark pur, also ohne alles außer dem, was man mit sich tragen kann. Ein „Königsweg“ vieler Hiker. Es fing später wieder an zu regnen, aber das hielt sich in Grenzen und konnte die gute Laune über all die wunderbare Naturschönheit, die es hier zu bestaunen und mit allen Sinnen auf zu nehmen gibt, nicht mehr trüben. Ich hätte nie geahnt, dass ich dann doch die Herrlichkeit von Cradle Mountain so ungetrübt zu sehen und zu fotografieren bekomme!



Bei der Rückfahrt zur Lodge schüttete es wieder ebenso wie morgens, alles war wieder im grauen Schleier versunken. Ich freute mich auf meine wunderschöne Cabin und, na klar, auf die Entspannung im Whirlpool - wow - womit ich wieder am Anfang der Erzählung bin. Jetzt geht es gleich zum Essen und zu einem gepflegten Bierchen hinüber ins Pub-Restaurant. Mal sehen, ob ich danach noch zu weiteren Geschichten aus den Tagen zuvor komme, oder gar zu den Fotos, die noch auf dem Chip warten. Es gibt noch so viel zu erzählen aus Strahan und von der Cruise zum Gordon River, erst recht über all die wundersamen Ausblicke und Einblicke, die ich Tags zuvor bei der Fahrt von Hobart hinauf durch die Highlands und dann 85 km durch den St. Clair - Franklin and Gordon River Nationalpark (world heritage) auf mancherlei nature walks erleben konnte. Tasmanien bietet mehr, als ich mir je vorstellen konnte. Es ist von solch einer eigentümlichen Schönheit, die es zu einer besonderen Perle unter all den Naturschönheiten macht, die Australien auch sonst noch reichlich zu bieten hat. Gut, den Tasman Devil habe ich hier noch nicht live gesehen, nur tot am Straßenrand. Dafür habe ich ihn ja sehr nah im Taronga Zoo in Sydney vor der Linse gehabt!




Und hier geht es zu weiteren Fotos dieses Tages im Webalbum. - Es gibt später noch mehr von den anderen Tagen.

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